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David Haase/Lina Tesch: Sokotra – Der Leica digital camera Weblog

Privat und ohne den Druck, einen bestimmten fotografischen Auftrag zu erfüllen, reisten Lina Tesch und David Haase auf die Insel im Indischen Ozean. Statt paradiesischen Wetters, Traumstränden bei Sonnenuntergang und leuchtend-blauen Meeres erwartete sie dort ein Jahrzehntsturm, der ihren Bildern eine besondere Stimmung verleiht: mystisch, abenteuerlich und teilweise bedrohlich.

Die Inselgruppe Sokotra steht sicherlich nicht in jedem Reiseführer – wie kam es zur Idee, dorthin zu reisen?

Wann auch immer Lina von besonderen Orten hört oder Bilder davon sieht, kommen sie auf die Wunschliste. Je einmaliger, desto besser. Sokotra ist bekannt für ihre endemische Fauna und Flora. Die Bäume und Tierarten dort sind teilweise sonst nirgends auf der Welt zu finden. Die Insel hat Plätze, die schier unentdeckt erscheinen. Hinzu kommt der eingeschränkte Tourismus, Sokotra hat professional Jahr lediglich 3000 Besucher, und nur ein bis zwei Flugzeuge landen dort professional Woche. All das machte die Reise sehr besonders.

Was wollten Sie mit Ihren Bildern zeigen?

Es handelt sich um eine Dokumentation unserer Zeit auf der Insel. Wir haben nichts konzeptuell entwickelt, es gab keinen strengen Plan, sondern was passierte, das passierte. Auf unseren privaten Reisen verspüren wir nie den Druck, uns Gedanken zu machen, was andere von unseren Bildern halten. Die Artwork der Fotografie ist sehr anders; ohne eine Rezeption des Betrachtenden im Kopf zu haben, begeben wir uns auf die persönliche Suche nach Stimmungen, werfen einen Blick auf die Landschaften, Menschen und Tiere, denen man auf Sokotra sehr nahekommt.

Welche Herausforderungen gab es auf Sokotra für Sie und für die Fotografie?

Glaubt man den Bildern im Web, ist Sokotra ein Paradies, ähnlich den Seychellen oder Malediven. Blauer Himmel, sandfarbene Dünen, das leuchtende Grün des Drachenbaums. Wir hatten einen Wunsch, aber letztlich keine konkrete Vorstellung davon, was uns erwartet. Und ausgerechnet in dem Zeitraum, in dem wir uns auf der Insel wiedergefunden haben, stand uns die Herausforderung eines Jahrzehntsturms gegenüber. Wir mussten uns über einige Tage Unterschlupf suchen. Die knappe verbleibende Zeit an den besonderen Orten und die anhaltende Wolkendecke haben die fotografischen Möglichkeiten etwas eingeschränkt.

Ihre Bilder der atemberaubenden Natur zeigen sich weniger kitschig …

Sie hat sich uns durch den Sturm eben nicht kitschig präsentiert, sondern ehrlich mit Regen, Wolken und Schlamm. Sokotra ist kein Urlaubsparadies im eigentlichen Sinne. Die Insel ist sehr von Armut geprägt, es gibt kein schickes Resort, keine Autovermietung, keine Straßenschilder. Die freundliche blaue Stimmung hat sich uns nicht so offenbart, und das zeigt sich eben auch in den Bildern. Nichtsdestotrotz werden die Schönheit, die Umgebung und die verschiedenen Größenspektren der Insel sichtbar.

Offiziell gehört Sokrota zum Jemen, nach der Intervention aber militärisch und politisch zu den Vereinigten Arabischen Emiraten. Ihre Aufnahmen erzählen auch von dieser Geschichte.

Ja, der ausrangierte russische Panzer oder der gestrandete Öltanker etwa dienten einst als Unterstützung für vergangene Konflikte innerhalb des Jemens. Heute wittern diese Relikte in den wüstenartigen Regionen vor sich hin. Wohin auch damit? Da es sich bei Sokotra um einen sehr armen Teil des Jemens handelt, ist der Konfliktherd jedoch relativ weit weg. Der politische Einfluss der Vereinigten Arabischen Emirate ist durch die Hilfe vor Ort zu sehen: Schulen, Straßen, Fischerboote werden finanziert und aufgebaut.

Für Ihre fotografische Serie haben Sie sowohl eine M6 (David Haase) als auch eine Q3 (Lina Tesch) verwendet – nach welchen Kriterien haben Sie sich entschieden?

Diese Entscheidung beruht auf vielen vorangegangenen Reisen. Es hat sich für uns abgezeichnet, dass das jeweils die idealen Kameras fürs uns sind. Abgesehen von den spezifischen Eigenschaften handelt es sich bei den Kameras um hochwertig verarbeitete Technik aus massiven Materialien. Feinmechanischere Geräte mit unzähligen Funktionen, Anbauteilen und Wechselobjektiven ziehen den Kürzeren, wenn es darum geht im ausrangierten Geländewagen durch Sand und Meerwasser über die Insel zu brettern, ohne Angst zu haben, etwas zu beschädigen. Auch setzen wir uns in unserer Freizeit gern viel mehr mit der eigentlichen State of affairs auseinander, als technisch progressive experimentelle Devices auszureizen und zu testen. Wir wollen die Reise nicht durch den Sucher erleben. Das machen wir bereits an den großen Fotosets. Es geht uns um das Wesentliche.

Welche besondere Erfahrung haben Sie von Sokotra mit nach Europa zurückgebracht?

Was wir uns erhofft hatten – paradiesisches Wetter, Traumstrände bei Sonnenuntergang, blaues Meer bei Sonnenaufgang – haben wir nicht bekommen. Dafür aber die Likelihood, die Insel von einer anderen Lichtstimmung aus zu erfahren, wie wir sie in der Vorbereitung auf die Reise auch noch auf keinem Bild gesehen hatten. Alles wirkt jetzt eher mystisch, teilweise bedrohlich, abenteuerlich. Außerdem haben wir durch die vielen wetterbedingten Pausen die Menschen dort besser kennenlernen können. So erlebten wir einen menschlichen Umgang, den wir so noch nicht kannten: Eine Offenheit auf persönlicher Ebene und eine selbstverständliche Freundlichkeit, ohne dass etwas dafür verlangt worden ist. Wir kommen dankbar von der Reise zurück.

Lina Tesch: Ihre Bilder sind ein Spaziergang durch eine Welt voll starker Frauen, ausdrucksstarker Formen und Farben. Auch bekannte Persönlichkeiten durften bereits in dieser Bildwelt auftreten. Die privaten Reisedokumentationen sind ihr ganz persönlicher Besuch in den unterschiedlichen Realitäten; hier lässt sie Einflüsse von außen zu und dokumentiert sie intuitiv.

https://www.linatesch.com/ | https://www.instagram.com/linatesch

David Haase: Zahlreiche Werbekampagnen verlangen von ihm ein ausgefeiltes Konzept, technische Präzision und umfangreiche Kommunikation, um höchstmögliche Sicherheit gegenüber den Kunden zu gewährleisten. Wenn er mit der analogen Leica einfach loszieht, interessiert ihn nur das Wesentliche, um nicht allein Betrachter zu bleiben, sondern ein Teil des Geschehens zu werden.

https://david-haase.com/ | https://www.instagram.com/herrdavidhaase/

Die Bilder von Lina Tesch und David Haase werden im Rahmen einer Ausstellung auf dem Berlin Journey Competition gezeigt (1.-3.12.2023). Am Samstag, den 2. Dezember, um 16:30 Uhr findet zudem ein Vortrag von David Haase auf dem Competition statt. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

 

 




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